Zins- und Fremdwährungsgeschäfte gelten als hochriskant, die nur Insider wirklich verstehen. Man könnte auch gleich ins Spielcasino gehen.

Die Stadtratsfraktionen von SPD und CDU haben bei der Stadt Lünen nach Ansicht der GFL-Ratsfraktion einen schweren wirtschaftlichen Schaden zugelassen und somit zu verantworten. Die zweistelligen Millionen-Verluste aus dubiosen Zins- und Fremdwährungsspekulationsgeschäften stellten den historischen Tiefpunkt in der Haushaltshistorie dar. Auf rund 34 Millionen Euro belaufe sich das jüngste Minus. Um weiteren Schaden von der Stadt abzuwenden, fordert die GFL-Fraktion führende Ratsmitglieder von SPD und CDU auf, aus Verantwortung für das Finanz-Desaster ihre politischen Ämter niederzulegen.

„Kommunalpolitiker haben den Auftrag, ihre Stadt positiv zu entwickeln und mit Steuergeldern besonders sorgsam umzugehen. Aber einige langjährige Ratsmitglieder aus SPD und CDU legen seit Jahren bei vielen bedeutenden Beschlüssen eine unverantwortliche Haushaltspolitik an den Tag“, so GFL-Fraktionsvorsitzender Johannes Hofnagel.

Die GFL-Fraktion hatte in der jüngsten Ratssitzung einen Vier-Punkte-Antrag vorgeschlagen, um die Hochrisikogeschäfte glaubwürdig aufzuarbeiten. So wollte die GFL prüfen lassen, inwieweit die damals Verantwortlichen aus Verwaltung und Stadtrat strafrechtlich als auch in Haftungsfragen zur Rechenschaft gezogen werden können. Weiter hatte die GFL klären wollen, ob die vertraglich vereinbarte Geheimniskrämerei um den Derivate-Vergleich gegen das Informationsrecht der Bürger verstößt.

Historisch einmaliges Finanzdesaster – aber keine Selbstkritik

Doch SPD und CDU stimmten dagegen. Stattdessen beschlossen sie einen abgespeckten Antrag der Fraktion Piraten/Freie Wähler. Dieser ist aber aus Sicht der GFL-Ratsfraktion in wichtigen Punkten eher unkonkret und bietet so unnötigen Raum für Interpretationen in der Ausführung. „Das Votum von SPD und CDU gegen unseren konkreteren Vier-Punkte-Antrag zeigt, wie wenig selbstkritisch die beiden Altparteien mit diesem historisch einmaligen Finanz-Desaster umgehen“, so Hofnagel.

Die Verwaltungsspitze wies auf Anfrage der GFL-Ratsfraktion darauf hin, dass die vom Rat beauftragte Kanzlei eine umfassende Prüfung der Haftungsfragen aus den Derivatgeschäften vornehmen werde. Diese Prüfung, die sich auf sämtliche Beteiligte – also auch auf die Ratsmitglieder selbst – der Angelegenheit erstrecke, beinhalte auch die Frage nach der Verletzung von Strafgesetzen. Soweit die Auskunft aus dem Rathaus.

Verantwortliche müssen zur Rechenschaft gezogen werden

Die GFL-Fraktion hegt hier Bedenken: Ausgerechnet jene Rechtsanwaltskanzlei solle die Derivat-Geschäfte aufarbeiten, die den Derivaten-Vergleich für die Stadtverwaltung ausgehandelt hatte. Die Beweiskraft einer solchen Expertise scheine doch eher gering.

Für die GFL-Fraktion sei klar, dass sich alle Verantwortlichen aus Verwaltung und Politik, die durchgängig für diese hochriskanten Spekulationsgeschäfte gestimmt haben, für die Millionenverluste verantworten müssten – in welcher Form auch immer. „Viele Ratsmitglieder haben eine Grundregel verletzt: Als Politiker darf ich Dingen nicht zustimmen, die ich nicht durchschaue und nicht verstehe. Aber bis heute tun die Altvorderen aus SPD und CDU so, als seien für das Derivat-Desaster Andere verantwortlich und der ganze Vorgang eine historische Lappalie“, so Hofnagel. Tatsächlich werden nachfolgende Generationen noch an dem Schulden-Erbe zu knacken haben, so die GFL. Hofnagel: „Es gibt also viele gute Gründe, warum insbesondere die Altvorderen Hugo Becker von der SPD und Annette Droege-Middel von der CDU, die beide in diesen Angelegenheiten federführend aktiv waren, ihre Ratsmandate und damit alle weiteren Gremienmandate niederlegen sollten – auch im Stadtwerke-Konzern und bei der Sparkasse an der Lippe.“

GFL hält nach Derivate-Desaster an Rücktrittsforderungen fest – RN Lünen vom 23. Mai 2018