Die Städtepartnerschaft mit der türkischen Stadt Bartin sollte offiziell ruhen. Einen entsprechenden Antrag stellt die GFL-Fraktion an Kultur- und Europaauschuss sowie an den Rat. Foto: Pixabay

Die GFL-Ratsfraktion will die Städtepartnerschaft mit der türkischen Stadt Bartin ab sofort offiziell ruhen. Die Partnerschaft könne wiederbelebt werden, sobald die Türkei zu demokratischen und rechtsstaatliche Prinzipien zurückkehre, alle nach europäischem Rechtsempfinden willkürlich Inhaftierten freilasse und die Menschenrechte wieder beachte, heißt es in einem GFL-Antrag an den Ausschuss für Kultur und Europaangelegenheiten (21. Februar) sowie an den Rat (8. März).

Die Ratsfraktion der Wählergemeinschaft Gemeinsam Für Lünen (GFL) begründet ihre Initiative damit, dass Staatschef Erdogan die Türkei immer weiter von grundlegenden demokratischen und anderen europäischen Grundsätzen entferne. Erdogan führe das Land in Richtung Diktatur. Dabei gehe er mit aller Härte gegen Oppositionelle vor und missachte elementare Menschenrechte. Er inhaftiere, verfolge oder bespitzele tausendfach kritische Journalisten, Wissenschaftler und Vertreter anderer Berufsgruppen. Die GFL verweist zudem auf Angaben von Amnesty International. Danach säßen in keinem anderen Land der Welt mehr Journalisten im Gefängnis. Seit dem gescheiterten Putschversuch im Juli 2016 seien mindestens 156 Medienhäuser geschlossen worden, etwa 2.500 Medienschaffende hätten ihre Arbeit verloren. Das System Erdogans habe 120 Journalisten inhaftiert, viele säßen seit Monaten ohne Anklage in Haft. Unter ihnen auch der Türkei-Korrespondent der „WeltN24“-Gruppe, Deniz Yücel, der kürzlich aus dem Gefängnis entlassen wurde.

Bürgermeister Bartins Mitglied der MHP

Aus Lünens Partnerstadt Bartin erfahre Erdogan keinen politischen Gegenwind, so die GFL. Der dortige Bürgermeister Cemal Akin sei Mitglied der MHP. Diese Partei paktiere mit Erdogans AKP; auch bilde sie mit ihr einen antikurdischen Kriegsblock und unterstütze den Umbau des türkischen Staates zu einem Präsidialsystem, das Erdogan noch mehr Macht sichern soll. Die GFL verweist zudem darauf, dass die MHP von vielen Wissenschaftlern als extremistisch bezeichnet werde; Sicherheitsbehörden rechneten sie dem Spektrum der rechtsextremen Grauen Wölfe zu. Die GFL verweist hierzu auf offizielle Quellen wie die Drucksache 18/9353 des Deutschen Bundestages aus 2016 sowie den Verfassungsschutzbericht 2016. Im Übrigen mache die MHP seit Jahren Wahlkampf mit Anti-EU-Parolen.

„Diese höchst undemokratischen Umstände, die mit europäischen Werten nichts zu tun haben, sollten uns in Lünen nicht gleichgültig sein. Alle demokratischen Kräfte müssen jetzt Flagge zeigen“, so Fraktionsvorsitzender Johannes Hofnagel. Die undemokratische Entwicklung in der Türkei entziehe der Partnerschaft die politische Grundlage. Indem Lünen die Städtepartnerschaft mit Bartin vorerst auf Eis lege, gebe die Stadt ein klares Statement ab. „Das ist auch als Zeichen der Solidarität mit den unschuldig Inhaftierten und Verfolgten in der Türkei zu verstehen“, so Hofnagel.

Lünen sollte klares politisches Statement abgeben

Nach Ansicht der GFL-Fraktion braucht Lünen ein klares politisches Statement der Solidarität mit den nach europäischem Rechtsempfinden zu Unrecht inhaftierten, verfolgten, bespitzelten und geflohenen Menschen. Hofnagel: „Ich verstehe das als ein klares politisches Signal von überzeugten Demokraten: Erst wenn die Türkei zu rechtsstaatlichen, demokratischen und damit europäischen Grundprinzipen zurückkehrt, kann die Städtepartnerschaft mit Bartin wiederbelebt werden.“

Die Entscheidung, die Partnerschaft mit Bartin offiziell ruhen zu lassen, sei ausdrücklich kein Affront gegen einzelne Personen, zu denen bisher vertrauenswürdige Beziehungen aufgebaut wurden, ergänzt die GFL.