Ohne ausreichende Informationen, ohne Business Case, ohne Prüfung günstigerer Alternativen – SPD, CDU und FDP stimmen im Kreistag einem hochumstrittenen Millionen-Deal zu. Die Leidtragenden? Letztendlich die Bürgerinnen und Bürger im Kreis Unna.
„Der Kreistag hat in dieser Woche, insbesondere forciert von Landrat Mario Löhr, Kreisdirektor und -kämmerer Mike-Sebastian Janke, dem SPD-Fraktionschef Hartmut Ganzke und CDU-Fraktionschef Marco-Morton Pufke einen Finanz-Skandal beschlossen!“ Mit diesen Worten kommentiert der Vorsitzende der Kreistagsfraktion der Wählergemeinschaften GFL und WfU (GFL und WfU), Johannes Hofnagel, die jüngste Mehrheitsentscheidung im Kreistag Unna, „die die Steuerzahler in naher Zukunft Millionen kosten wird.“
Hintergrund für die harsche Kritik der GFL und WfU war das mehrheitliche Votum im Kreistag. Forciert von Landrat Mario Löhr, Noch-Kreisdirektor Mike-Sebastian Janke, dem SPD-Fraktionschef Hartmut Ganzke und CDU-Fraktionschef Marco-Morton Pufke winkte der Kreistag eine Vorlage der Verwaltung durch, wonach in den nächsten Jahren kumuliert Millionenaufwendungen in die neu aufgestellte Kreis-Managementholding für einen hochdotierten Geschäftsführer, sieben weitere Beschäftigte, Dienstwagen, Geschäftsräume, Ausstattung, Geschäftsführer-Pension u. a. fließen soll. Als Chef der dann wesentlich teurer aufgestellten Verwaltungs- und Beteiligungsgesellschaft Kreis Unna mbH (VBU) soll ab April der aktuelle Kämmerer Janke fungieren, der sein Gehalt damit nahezu verdoppeln dürfte. Zukünftig verdient er rund 240.000 Euro zzgl. Bonus und Dienstwagen. Damit bewegt er sich schon fast auf dem Gehaltsniveau des Bundeskanzlers.
Die GFL+WfU-Fraktion lässt kein gutes Haar an den Mehrheitsbeschlüssen. Denn der Kreistag hat einem teuren Deal zugestimmt, ohne die erforderlichen Informationen im Vorfeld der Sitzung zur Prüfung und Bewertung erhalten zu haben. Auch wird trotz Anforderung noch nicht mal im Ansatz dargelegt, ob es bedeutend günstigere und bessere Handlungsoption gibt, die also den Kreis-Konzern nicht so stark belasten. Dem Deal wurde also ohne ausreichende Informationsgrundlage, ohne Business Case und ohne Bewertung von günstigeren Handlungsoptionen einfach zugestimmt. Professionelle Unternehmer würden so keine Entscheidungen mit Millionenauswirkungen treffen. Es ist einfach unglaublich, dass die Informationsrechte von Kreistagsmitgliedern, die die o. g. Informationen und Unterlagen mit Nachdruck mehrfach einforderten, so verletzt werden und dies vom Landrat Löhr und von der Mehrheit des Kreistags auch noch geduldet wird.
Der Druck war vor der Kreistagssitzung am 11.02. gegenüber dem Landrat offensichtlich doch so stark angestiegen, dass er einige der angeforderten Informationen zum Vorhaben in der Sitzung kurz mündlich in einem Statement von Herrn Janke vortragen ließ. Leider liegen die mündlich vorgetragenen Infos bis heute nicht schriftlich vor. Eine Prüfung und kritische Bewertung dieser neuen Kurzinfos ist wohl nicht erwünscht (Zwischenfrage: Ist das nicht die Aufgabe der Kreistagsmitglieder?). Auch wurden in mündlicher Form steuerliche Motive zur Umsetzung des Vorhabens pauschal in den Sitzungsraum gerufen. Offen bleibt weiterhin, warum die VBU in so umfassender und kostenintensiver Form mit acht Beschäftigten inkl. hochdotierten Geschäftsführer aufgebläht wird. Was genau für steuerliche Bedingungen erfüllt werden müssen und durch welche unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten diese steuerlichen Vorgaben erfüllt werden können, wird dem Kreistag nicht dargelegt. Mögliche kostengünstigere Versionen werden erst gar nicht präsentiert und das Vorhaben so irreführend als alternativlos vorgestellt.
Janke behauptet in der Kreistagssitzung am 11.02. sogar, die VBU würde sich von selbst tragen. Den überprüfbaren Nachweis dafür bleibt er schuldig – der Business Case liegt immer noch nicht vor und ebenso stellt er bedeutend kostengünstigere Handlungsoption noch nicht mal im Ansatz vor. Die beiden größten Kreistagsfraktionen von SPD und CDU äußerten sich nicht zu diesen skandalösen Vorgängen. Stattdessen stimmten ie dem Vorschlag der Verwaltung wortlos zu.
„Alle Politiker müssen nach bestem Wissen und Gewissen und frei von sachfremden Interessen zum Wohle der Allgemeinheit entscheiden. Und entscheiden kann die Politik erst, wenn eine ausreichende Informationsbasis mit Betrachtung von bedeutenden Handlungsalternativen in überprüfbarer Form vorliegt. Diese Grundsätze wurden hier mit Füßen getreten. Kein Wunder, dass sich viele Menschen von der Politik abwenden“, so Hofnagel.
Die GFL und WfU Fraktion kritisiert zudem, dass der noch im Amt befindliche Kreisdirektor und zukünftige hochdotierte VBU-Geschäftsführer Janke in der Angelegenheit aus Ihrer Sicht befangen war, da er auf der einen Seite den VBU-Deal maßgeblich vorbereitet und in den Beratungen (unzureichend) vorgestellt und verteidigt hatte und auf der anderen Seite damit seinen eigenen zukünftigen neuen Posten als hauptamtlicher Geschäftsführer der Kreis-Holding geschaffen hat. Herr Janke hat so auf Kosten des Kreises Unna nun seine Einkünfte nahezu verdoppelt.
Vor einigen Tagen hat die GFL und WfU Fraktion bereits die Kommunalaufsicht gebeten, die VBU-Beschlüsse des Kreistags aus Dezember zu dieser Angelegenheit zu prüfen und insbesondere um eine Einschätzung gebeten, ob die Nicht-Einhaltung betriebswirtschaftlicher Grundsätze bei der Entscheidungsfindung tatsächlich mit dem derzeit gültigen kommunalen Regelwerk vereinbar ist. Eine Antwort liegt noch nicht vor. Es ist sehr interessant zu erfahren, ob diese skandalösen Vorgänge nach Ansicht der Kommunalaufsicht (Bezirksregierung Arnsberg) von dem derzeit gültigen Kommunalrecht gedeckt sind.
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